FRIEDRICHSHAIN 2 - Das Literaturfestival in Prenzlauer Berg

Konkuratiert, kinkaturiert und konterkariert
vom Wohlfahrtsausschluß Erpe (Neuenhagener Mühlenfließ)/
Dahme/levaH/Panke/Spree/Weißer See und der Epidemie der Käfte
in Tateinheit mit der LKO-Exekutive Wedding/Alt Gaarz
und dem Liebe/Arbeit/Wissen-Ausschuß Komponistenviertel

Festivalprogramm:
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Veranstaltungsorte:

Kulturspelunke Rumbalotte continua  Metzer Str. 9, 10405 Berlin
www.rumbalotte-continua.de

Kultur- und Schankwirtschaft BAIZ  Christinenstr. 1, 10119 Berlin
www.baiz.info

Lokal  Knaackstr. 94, 10435 Berlin
yelp.de/biz/lokal-ehem-van-speyck-berlin

STAATSGALERIE Prenzlauer Berg  Greifswalder Str. 218, 10405 Berlin
www.staatsgalerie-prenzlauerberg.de

WABE  Danziger Str. 101, 10405 Berlin
www.wabe-berlin.de



Ist Prenzlauer Berg umzingelt?
Am Donnerstag beginnt das Literaturfestival »Friedrichshain 2«

Warum heißt eine Veranstaltungsreihe im mythen- und traditionsreichen Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg »Friedrichshain 2«, warum hörte ihr Vorgänger auf den nicht minder irritierenden Namen »Weissensee 2«? Erstens: Irritation ist selten schlecht. Zweitens: »Wie kommt ein Ort, ein Land zu seinem Namen? Worauf gründet ein Name? Wer hat das Recht auf Benennung? Was tun, wenn ein Name lästig wird?«? Fragen, die Die Neue Gesellschaft für angewandte Toponymie (NGT) stellt; gemeinsam mit dem Fantôme Verlag bestreitet sie eine der »Friedrichshain 2«-Veranstaltungen.

Von 2010 bis 2013 lag der Forschungsschwerpunkt der NGT auf Spanien und Lateinamerika; sie untersuchte, wie sich die Alte Welt in der Neuen fortschrieb: Medellín, jene kolumbianische Großstadt schlechten Leumunds, verdankt ihren Namen einer Gemeinde in der spanischen Provinz Badajoz, Extremadura: Auch diese heißt Medellín und ist der Geburtsort des Konquistadoren Hernán Cortés. Der Komplex Herrschaft und Betitelung umfasst auch den von Stimme und Raum; ihm widmet sich die zweite Nummer der »Toponymischen Hefte«; die Autorin und Kunstwissenschaftlerin Cordula Daus wird die Publikation der NGT nächsten Montag vorstellen.

»Friedrichshain 2« findet an fünf Orten statt: Der Kulturspelunke Rumbalotte continua, der Kultur- und Schankwirtschaft BAIZ, dem Trunk- und Kunstséparée Lokal, der Staatsgalerie Prenzlauer Berg und dem Musikraumschiff Wabe. Nordöstlich dieses Rhizoms liegt Weißensee, südlich davon Friedrichshain: Ist Prenzlauer Berg umzingelt? Dieser Frage könnte die nächste Ausgabe der Künstlerzeitschrift Prolog - Heft für Zeichnung und Text nachgehen, die unlängst einen Aufruf zu ihrer nächsten Nummer veröffentlicht hat; deren Thema lautet: Berlin. Prolog wird diesen Sonntag von den Autoren und Künstlern Caca Savic, André Jahn, Daniel Ludwig und Patrick WEH Weiland sowie Dorit Trebeljahr und dem Herausgeber Anton Schwarzbach präsentiert.

Berlin aus den Augen eines Kindes schildert Gerd Schönfeld in einem Buch mit dem sperrigen wie notwendigen Titel »Gerd Schönfeld: SCHACKELSTERN flogen spät durch milde Lüfte, oder: Der Klassenfeind ist unter uns. Briefe an Onkel Karl 1960/61«. Nicht irgendein Berlin, sondern das der 1950er Jahren bis zum Berliner Mauerbau am 13. August 1961. Das Buch des Schachspielers und Beerdigungsmusikanten Schönfeld ist der erste Band der neuen Edition »Torpedokäfer« im neu formierten BasisDruck Verlag, der diesen Sommer vom Prenzlauer Berg in die Brotfabrik an die Weißenseer Spitze gezogen ist. Franz Jungs Gleichnis vom »Torpedokäfer« war in den neunziger Jahren Namensgeber einer bestens berüchtigten Lokalität in der Dunckerstraße; ihr Geist, so darf vermutet vermutet werden, schwebt über »Friedrichshain 2«.

Das Festival verabschiedet zwei Zeitschriften aus dem Paralleluniversum Prenzlauer Berg: Erstens die im Eigenverlag erscheinende floppy myriapoda, zweitens den bei BasisDruck beheimateten Gegner. Man sieht sich. »Friedrichshain 2« wird von einem umfangreichen Musikprogramm begleitet, auf das gesondert eingegangen werden muß. Zu singen wäre, elektrifiziert und aus vollem Halse, ein Motto Bert Papenfuß’ aus dem Jahre 1996: »willst du leibhaftiger sein / oder leibeigener, dem es schmeckt / daß er gesamtvollstreckt nahrhafte stiefel leckt«.

Robert Mießner, Junge Welt vom 13.11.2013


EdK: Epidemie der Käfte